Offener Brief an die Badische Zeitung

Offener Brief an die Badische Zeitung und Richtigstellung der Berichterstattung

Diese Stellungnahme bezieht sich auf diese beiden Artikel in der Badischen Zeitung vom 28.03.2022:
Demonstranten verteilen sich über die Innenstadt – BZ 2022-03-28
So kann’s nicht weitergehen – BZ 2022-03-28

Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion,

seit Monaten verstößt Ihre Berichterstattung bezüglich der samstäglichen Demonstrationen gegen den Pressekodex. Zu Ihrer Erinnerung und Kenntnisnahme sei an dieser Stelle daraus auszugsweise zitiert:

„… Recherche ist [ein] unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen. …“

Auch Ihre Berichterstattung über die Demonstration am Samstag, 26.03.2022 in Freiburg erfordert daher mehrere Richtigstellungen.

Ihren Artikel „Demonstranten verteilen sich über die Innenstadt“ vom 28.03. versehen Sie tendenziös mit dem Untertitel „Konfrontation mit der Polizei auf dem Platz der Alten Synagoge„. Diese Formulierung ist in keiner Weise für das Geschehen am Samstag repräsentativ. Es gab, und dafür danken wir ausdrücklich den Polizeieinsatzkräften und unseren Teilnehmern, keine maßgeblichen „Konfrontationen“. Vielmehr verliefen die freien und selbstorganisierten Umzüge durch die Stadt sehr friedlich.

Des weiteren schreiben Sie in Ihrem Artikel „Ebenso hielten sich die Teilnehmer nicht an die abgesprochene Route …“. Die Teilnehmer konnten sich selbstverständlich nicht an die angemeldete Route halten, da die Veranstaltung vom Veranstalter vorzeitig beendet wurde. Die Polizei lässt keine Teilnehmer zu einer Route loslaufen, wenn die Veranstaltung beendet ist. Niemand der Teilnehmenden konnte daher eine abgesprochene Route einhalten. Vielmehr haben sie von ihrem guten Recht Gebrauch gemacht, sich in Freiheit in Gruppierungen durch die Stadt zu bewegen.

Wir hoffen doch sehr, dass Ihnen in der Redaktion die zugrundeliegenden freiheitlich-demokratischen Rechte bekannt sind und dass Sie diese wertschätzen und unterstützen.

Im Weiteren beziffern sie die Anzahl der Beteiligten auf dem Platz der Alten Synagoge auf 700. Das entspricht nicht der Wahrheit. Sie und jeder, der die Videos dazu ansieht, kann das nachprüfen. Warum veröffentlichen Sie eine offenkundig falsche Zahl?

Die Bezeichnung unserer Bühne als „Ladefläche eines Kleinlasters“ ist ebenso falsch wie überflüssig. Es sei denn, Sie beabsichtigen mit dieser Formulierung eine Herabwürdigung unserer Veranstaltung.

Bezeichnend für die mangelnde Sorgfalt Ihres Artikels benennen Sie dann den Zeitpunkt der Beendigung mit 15:35 Uhr. Tatsächlich haben wir die Versammlung um 14:35 Uhr beendet.

Dass sich um 15:30 Uhr erneut „500 Menschen auf dem Platz der Alten Synagoge“ versammelten, entspricht nicht den tatsächlichen Geschehnissen. Vielmehr haben die Polizeieinsatzkräfte, als sich ein Demonstrationszug dem Platz von Süden näherte, den gesamten und nahezu leeren Platz abgesperrt. Die wenigen sich dort aufhaltenden Personen, unter anderem Touristen und andere Unbeteiligte, wurden am Verlassen des Platzes gehindert.

In dem von Ihnen im Artikel veröffentlichten Bild verwenden Sie die Bildunterschrift „Demo-Anmelder Malte Wendt wird von der Polizei weggetragen“. Auch dieses ist nicht zutreffend. Malte Wendt war zwar der bisherige Anmelder der Demos, aber nicht der Anmelder der Versammlung auf dem Platz der Alten Synagoge am letzten Samstag. Das war Christoph Boldt. Eine sorgfältigere Recherche Ihrerseits ist auch hier zu vermissen.

In der weiteren Beschreibung Ihrer Wahrnehmung der Vorgänge auf dem Platz der Alten Synagoge für den Zeitraum ab 15:30 Uhr verwenden sie den Begriff „Tumulte„. Dessen Verwendung ist dem tatsächlichen Geschehen nicht angemessen. „Die aufgeheizte Stimmung kühlte sich langsam ab“ suggeriert zudem eine solche als prägend für die Situation. Auch das ist von Ihnen interpretiert und suggestiv berichtet.

Die Umzüge durch die Stadt verliefen friedlich und unter großem Zuspruch der Passanten.

Diese Tatsache findet sich in Ihrem Bericht nicht wieder. Warum?

Herr Disch als Verfasser des Artikels über das Demogeschehen gibt im nebenstehenden „Münstereck“ seinen persönlichen Kommentar dazu.

„So kann’s nicht weitergehen“ meint er. Und „Ob sich in Zukunft Demos von „Freisein Freiburg“ in der Innenstadt verhindern lassen, sollte geprüft werden. Was sich am Samstag abgespielt hat, ist jedenfalls nicht tragbar.“

In diesem persönlichen Kommentar wird eine sehr zweifelhafte und bedenkliche Einstellung zu demokratischen Grundwerten offenbar.

Seine Forderung „Am 2. April spielt der SC gegen Bayern vor zehntausenden von Fans. Dann muss sicher sein, dass alles geregelt abläuft.“ zeugt von einer erschreckenden Verkennung und Ignoranz jener Herausforderungen, vor denen wir als Gesellschaft aktuell stehen.

Was sich wirklich am Samstag in Freiburgs Innenstadt abspielte, war eine friedliche, fröhliche, lebensbejahende Form zivilen Ungehorsams für ein selbstbestimmtes, gesundes Leben in Freiheit. Diese friedliche Form des Protestes stieß auf überwiegend positive Resonanz der Menschen am Straßenrand, das Lächeln der Teilnehmer, das endlich zu sehen war, übertrug sich auf die Umstehenden.

Wir appellieren an Sie, die Redaktion der Badischen Zeitung, Ihre Berichterstattung sorgfältiger zu recherchieren und neutraler zu verfassen. Bitte kommen Sie ihrem Auftrag gemäß des Pressekodex nach.

Mit freundlichen Grüßen
das Organisations-Team der Samstags-Demonstrationen

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