Zum Artikel „Umsturzplan vereitelt“ in der Badischen Zeitung vom Samstag, 16.04.2022 ein Gastbeitrag von Mike Schaefer:
„Umsturzplan vereitelt – Radikale aus Querdenkerszene wollten auch Minister Lauterbach entführen“ titelte die Badische Zeitung am Ostersamstag. „Rechtsextreme aus der Querdenkerszene“ hätten sich in einer Chatgruppe auf Telegram verabredet und hätten auch Bombenanschläge geplant. Sie seien „Teil der Corona-Protestszene und der Reichsbürgerbewegung“. Vier Hauptverdächtige säßen in Untersuchungshaft, Waffen und Munition seien beschlagnahmt worden. Zum krönenden Abschluss werden Olaf Scholz, Saskia Esken und Karl Lauterbach zitiert, mit – Überraschung! dem sattsam bekannten, schwer verdaulichen Eintopf aus den Begriffen „rechtsextrem“, „Querdenker“, „Reichsbürger“, „Radikale“ und „hochgefährliche Minderheit“.
Nun sind Entführungen und Bombenanschläge natürlich verwerflich. Und wenn es nicht zu albern wäre, würde sich FreiSeinFreiburg von solchen Plänen in aller Form distanzieren. Verwerflich ist aber auch eine „Berichterstattung“ dieser Art, weil sie einseitig ist und damit zu grotesk falschen Schlussfolgerungen verführt.
Stellen wir das Framing doch einmal vom Kopf auf die Füße. Diese vier Leute und diese Chatgruppe sind „ein Teil“ der Corona-Protestszene. Großer Teil? Kleiner Teil? Wie groß? Und überhaupt: Ist dieser „Teil“ denn repräsentativ für die Corona-Protestszene insgesamt? Das ist doch die entscheidende Frage. Der Artikel drückt sich vor der Antwort darauf. Warum wohl? Wir sagen: Weil klar ist, dass diese Menschen NICHT repräsentativ sind für die Corona-Protestbewegung! Der Schwanz des Hundes ist nicht identisch mit dem Hund. Er kann deshalb nicht als repräsentativ für den Hund gelten. (LOL)
Wäre es nicht üble, verdummende Propaganda, könnte man darüber sogar schmunzeln. Aber die ständige Nennung der immergleichen Wortkombinationen, die ständige Herstellung der immergleichen diffamierenden Kontexte ist eine hochtoxische Propagandatechnik, ist eine gefährliche Irreführung der Öffentlichkeit (und üble Nachrede sowieso).
Und vor allem dann, wenn der Chefredakteur dieses Blattes, Thomas Fricker, mit Schaum vor dem Mund in seinem dazugehörigen Kommentar im „Tagesspiegel“ dann noch all die rhetorischen Blendgranaten und markigen Machtworte aus der Schublade holt, die wir zum Erbrechen kennen und die ich auf keinen Fall zitieren werde. Belassen wir es bei der Feststellung, dass ihm bei diesem Thema „Zivilcourage und Engagement“ willkommen sind – im Falle der Tausende, die in Freiburg seit Monaten gegen die Corona-Politik demonstrieren, ihm und seiner Mannschaft aber nur Beleidigungen einfallen.
Dann heben wir den Blick mal kurz, und uns fällt wieder ein, dass es Nazi-Chatgruppen auch woanders gibt. Zum Beispiel bei der Polizei. Ganz aktuell sind da wieder mal die Hessen unangenehm aufgefallen. Einer ließ sich mit Hitlerbärtchen in seiner „Wolfsschanze“ fotografieren. Und es ist dies keineswegs das erste Mal, dass Polizisten sich durch Nazi-Gesinnung und Nazi-Sprüche hervortun. Und heimlich brauchen sie sich Waffen ja nicht zu beschaffen. Wo sind die markigen Worte von wegen „Feinde unserer Demokratie mit allen Mitteln des Rechtsstaates bekämpfen“? Ich habe von Scholz & Co. zum neuesten Fall nichts dergleichen gehört. Ist ja auch klar: Niemand, der seine Latten noch am Zaun hat, will hingehen und sagen: „Die Polizei, das sind doch alles Nazis“. Niemand würde diese Chatgruppe für repräsentativ halten und mit der Gesamtheit der Polizei gleichsetzen wollen. (Zum Nachlesen: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/neue-rechtsextreme-chatgruppe-bei-der-hessischen-polizei-17946763.html)
Wir halten fest: Geht es um die Bürgerrechtsbewegung, die gegen die Corona-Politik demonstriert, ist eine pauschale Nazi-Diffamierung immer willkommen; geht es um die Polizei, ist eine pauschale Nazi-Diffamierung hingegen nicht opportun. Kurz und gut: Es wird wieder mal mit zweierlei Maß gemessen. Dass die Journalisten der BZ das nicht merken, ist eine Schande.
Zum Schluss, damit das jetzt nicht so ganz deprimierend wird, hole ich zu dem Thema „geplante Lauterbach-Entführung“ einen Uralt-Knüller von Loriot aus dem Regal.
„Letzte Meldung
(Sprecher:) Guten Abend, meine Damen und Herren. Washington. Die sensationelle Entführung des Präsidenten der Vereinigten Staaten und des sowjetischen Parteichefs, die sich beide zu einem Gedankenaustausch im Wochenendhaus des Präsidenten befanden, hat ihr Ende gefunden. Nach Zahlung des Lösegeldes wurden die beiden Spitzenpolitiker auf freien Fuß gesetzt. Die geforderte Summe betrug umgerechnet 12 Mark und 50.“
Mike Schaefer
18.4.22